
Versteckte Energieräuber: So deckt Ihre Vorsorgeuntersuchung Nährstoffmängel auf
Österreich gilt als Land der kulinarischen Genüsse. Dennoch leiden viele Menschen unwissentlich an Nährstoffmängeln. Trotz einer scheinbar ausgewogenen Ernährung zeigen aktuelle Studien alarmierende Zahlen: Bis zu 20 % aller Frauen im gebärfähigen Alter in Österreich leiden an Eisenmangel, bei Schwangeren sind es sogar 30 %. Gleichzeitig haben mehr als die Hälfte der über Sechzigjährigen in Europa einen Vitamin D-Mangel. Eine jährliche Vorsorgeuntersuchung bietet eine hervorragende Gelegenheit, solche Nährstoffmängel frühzeitig zu erkennen.
Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum Sie trotz ausreichend Schlaf ständig müde sind? Oder warum Sie sich nur schwer konzentrieren können? Hinter diesen alltäglichen Beschwerden kann ein Nährstoffmangel stecken, der mit den richtigen Laborwerten leicht aufgedeckt werden kann.
Dieser Ratgeber zeigt Ihnen, welche Blutwerte Ihnen wichtige Einblicke in Ihren Nährstoffstatus geben und wie Sie Mangelerscheinungen gezielt erkennen und beheben können.
Diese Nährstoffmängel sind in Österreich besonders häufig
Trotz des scheinbaren Überflusses an Lebensmitteln und einer grundsätzlich guten Versorgungslage leiden viele Österreicher:innen unter spezifischen Nährstoffmängeln. Moderne Lebensgewohnheiten, veränderte Ernährungsweisen und demografische Faktoren haben dazu geführt, dass bestimmte Vitamine und Spurenelemente besonders häufig zu kurz kommen.
Die folgenden vier Nährstoffmängel treten in Österreich besonders häufig auf und bleiben oft lange unentdeckt, weil ihre Symptome unspezifisch sind und leicht anderen Ursachen zugeschrieben werden:
Vitamin D-Mangel: Wenn die Sonne fehlt
Das "Sonnenvitamin" Vitamin D kann unser Körper unter Sonneneinstrahlung selbst in der Haut bilden. Doch in unseren Breitengraden wird die Versorgung in den Wintermonaten kritisch. Die verringerte Sonnenscheindauer und unser moderner Lebensstil, bei dem wir viel Zeit in Innenräumen verbringen, führen dazu, dass viele Menschen nicht die wünschenswerte Blutkonzentration von 50-70 ng/ml erreichen.
Besonders Menschen, die wenig Zeit im Freien verbringen, ältere Personen mit verminderter Hautsynthese und Bewohner:innen von Pflegeheimen sind betroffen. Ein Vitamin D-Mangel macht sich oft durch anhaltende Müdigkeit, Muskelschwäche und eine erhöhte Infektanfälligkeit bemerkbar.
Eisenmangel: Der stille Energieräuber
Eisenmangel ist weltweit die häufigste Mangelerscheinung. In Österreich haben zwischen 400.000 und 800.000 Menschen – das sind 5 bis 10 Prozent der Bevölkerung – einen Eisenmangel. Frauen sind deutlich häufiger betroffen: Jede fünfte Frau leidet an diesem Nährstoffmangel.
Der Grund liegt in der monatlichen Menstruation, durch die Frauen regelmäßig Eisen verlieren. Während der Schwangerschaft steigt der Eisenbedarf zusätzlich an, weshalb 30 Prozent der werdenden Mütter betroffen sind. Auch Vegetarier:innen und Veganer:innen haben ein erhöhtes Risiko, da pflanzliches Eisen schlechter aufgenommen wird als tierisches.
Eisenmangel entwickelt sich schleichend, sodass Betroffene die Beschwerden oft nicht zuordnen können. Müdigkeit, eingeschränkte Leistungsfähigkeit, Kopfschmerzen und brüchige Nägel werden häufig dem stressigen Alltag zugeschrieben, obwohl ein simpler Bluttest Klarheit schaffen könnte.
Vitamin B12-Mangel: Nicht nur Veganer:innen sind betroffen
Entgegen der weitverbreiteten Annahme betrifft Vitamin B12-Mangel nicht nur Veganer:innen. Studien zeigen, dass 10 bis 15 Prozent der älteren Personen als unterversorgt einzustufen sind. Bei genauerem Hinsehen mit sensitiveren Parametern steigt dieser Anteil sogar erheblich an.
Die Hauptursache bei älteren Menschen liegt in der unzureichenden Bildung von Magensaft, wodurch die Absorption der in der Nahrung enthaltenen Vitamin B12-Komplexe deutlich reduziert ist. Etwa 20 bis 50 Prozent der Senior:innen leiden an einer atrophischen Gastritis, die diese Problematik verstärkt. Zusätzlich können Medikamente wie Säureblocker oder Metformin die Vitamin B12-Aufnahme beeinträchtigen.
Folsäure-Mangel: Kritisch für Frauen im gebärfähigen Alter
Eine große Bevölkerungsstudie in Irland zeigte erschreckende Zahlen: Jede:r siebte Erwachsene leidet an einem Folsäure-Mangel oder niedrigen Werten. Bei Menschen über 60 Jahren waren sogar 23 Prozent betroffen, während es bei den 50- bis 60-Jährigen immerhin noch 14 Prozent waren.
Besonders kritisch ist ein Folsäure-Mangel für Frauen im gebärfähigen Alter, da er zu schwerwiegenden Fehlbildungen beim Ungeborenen führen kann. Neuralrohrdefekte sind eine direkte Folge unzureichender Folsäure-Versorgung in den ersten Schwangerschaftswochen.
Was Ihre Standard-Vorsorgeuntersuchung wirklich abdeckt
Bei der österreichischen Vorsorgeuntersuchung werden vor allem Stoffwechselwerte wie Blutzucker und Blutfette, die Nierenfunktion, die Leberwerte und das große Blutbild überprüft. Diese Untersuchung zielt primär auf die Früherkennung von Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs ab.
Das von der Krankenkasse finanzierte Blutbild beschränkt sich jedoch auf die gängigen Gesundheitsrisiken. Spezifische Nährstoffparameter wie Vitamin D, Eisenspeicher, Vitamin B12 oder Folsäure werden nur bei konkretem Verdacht bestimmt – nicht routinemäßig.
Wo die Standarduntersuchung an ihre Grenzen stößt
Während Cholesterin- und Blutzuckerwerte bei Menschen mit ausgewogener Ernährung meist vorbildlich sind, bleiben wichtige Nährstoffmängel unentdeckt. Ein großes Blutbild kann zwar eine manifeste Blutarmut aufzeigen, einen beginnenden Eisenmangel erkennt es jedoch nicht. Vitamin D wird gar nicht bestimmt, obwohl mehr als die Hälfte der Bevölkerung unterversorgt ist.
Diese Laborwerte sollten Sie zusätzlich bestimmen lassen
Vitamin D richtig messen mit 25-OH-Vitamin D3: Der Goldstandard für die Vitamin D-Bestimmung ist das 25-OH-Vitamin D3. Dieser Wert spiegelt sowohl die Aufnahme über die Nahrung als auch die körpereigene Produktion wider. Blutwerte unter 30 ng/ml sprechen für eine mangelhafte Versorgung, Werte zwischen 50 und 70 ng/ml gelten als ausreichend.
Die Bestimmung kostet als Selbstzahlerleistung etwa 25 bis 35 Euro und sollte idealerweise zweimal jährlich erfolgen – einmal im Spätwinter und einmal im Spätsommer.
Eisenstatus umfassend bewerten
Der wichtigste Parameter für die Eisenspeicher ist das Ferritin. Während das Hämoglobin erst bei manifester Blutarmut abfällt, zeigt Ferritin bereits einen beginnenden Eisenmangel an. Frauen sollten Werte über 15 μg/l haben, optimal sind jedoch Werte über 50 μg/l für eine gute Energieversorgung.
Wichtig ist, dass gleichzeitig das CRP (Entzündungsmarker) bestimmt wird, da Entzündungen das Ferritin falsch erhöhen können. Bei grenzwertigen Ferritin-Werten sollte zusätzlich die Transferrinsättigung gemessen werden – Werte unter 16 Prozent deuten auf einen Eisenmangel hin.
Vitamin B12-Status modern bewerten
Die klassische Vitamin B12-Bestimmung im Blut kann trügerisch sein. Viele Menschen zeigen normale Gesamtcobalamin-Werte, leiden aber dennoch unter einem funktionellen Mangel. Moderne Diagnostik setzt daher auf den Holo-Transcobalamin-Test, der das tatsächlich verfügbare Vitamin B12 misst.
Alternativ kann die Methylmalonsäure bestimmt werden. Steigt dieser Wert über 270 nmol/l an, deutet das auf einen funktionellen Vitamin B12-Mangel hin, auch wenn die Standard-B12-Werte noch normal erscheinen. Diese Spezialuntersuchungen werden meist nicht von der Krankenkasse übernommen, sind aber bei unklaren neurologischen Symptomen oder Erschöpfung sehr aussagekräftig.
Folsäure-Status langfristig beurteilen
Für die Folsäure-Diagnostik gibt es zwei wichtige Parameter: Das Serumfolat zeigt die aktuelle Versorgung, während das Erythrozytenfolat den Langzeitstatus widerspiegelt. Besonders bei Frauen mit Kinderwunsch ist das Erythrozytenfolat der entscheidende Wert, da es die Versorgung der letzten drei Monate anzeigt.
Wer sollte welche Tests machen lassen?
Frauen im gebärfähigen Alter: Fokus auf Eisen und Folsäure
Frauen zwischen 15 und 50 Jahren sollten jährlich ihren Ferritin-Wert bestimmen lassen. Besonders bei starker Menstruation, Sport oder vegetarischer Ernährung ist das Risiko für Eisenmangel erhöht. Zusätzlich empfiehlt sich die Folsäure-Bestimmung, besonders bei Kinderwunsch.
Schwangere: Spezielle Überwachung nötig
Während der Schwangerschaft sollte das Ferritin in jedem Trimester kontrolliert werden. Für Vitamin B12 ist der Holo-Transcobalamin-Test genauer als die Standardbestimmung. Der Folsäure-Status sollte bereits vor der Schwangerschaft optimiert werden, da Neuralrohrdefekte bereits in den ersten Wochen entstehen können.
Menschen über 65: Vitamin B12 und D im Fokus
Ältere Menschen haben ein erhöhtes Risiko für Vitamin B12-Mangel durch Aufnahmestörungen im Magen-Darm-Trakt. Eine jährliche Kontrolle mit modernen Parametern ist sinnvoll. Gleichzeitig sollte der Vitamin D-Status mindestens zweimal jährlich überprüft werden, da die Hautsynthese im Alter abnimmt.
Vegetarier und Veganer: Alle kritischen Nährstoffe überwachen
Menschen mit pflanzlicher Ernährung sollten alle sechs bis zwölf Monate ihren Vitamin B12-Status überprüfen lassen. Das Ferritin sollte jährlich bestimmt werden, da pflanzliches Eisen schlechter aufgenommen wird. Auch der Zink-Status kann bei veganer Ernährung kritisch werden.
Wenn die Werte auffällig sind: Was tun?
Bei auffälligen Laborwerten ist es wichtig, nicht sofort mit einer Behandlung zu beginnen, sondern erst herauszufinden, warum der Nährstoffmangel entstanden ist. Denn oft steckt eine behandlungsbedürftige Grunderkrankung dahinter.
Ein Eisenmangel beispielsweise kann durch kleine, aber regelmäßige Blutungen im Magen-Darm-Trakt entstehen, die zunächst unbemerkt bleiben. In solchen Fällen können weitere Untersuchungen wie eine Magen- oder Darmspiegelung notwendig sein, um die Blutungsquelle zu finden und zu behandeln.
Bei einem Vitamin B12-Mangel kann eine Autoimmunerkrankung der Grund sein. Dabei bildet der Körper Antikörper gegen bestimmte Magenzellen, die für die Vitamin B12-Aufnahme wichtig sind. Eine spezielle Blutuntersuchung kann diese Antikörper nachweisen und so die Diagnose einer sogenannten perniziösen Anämie stellen.
Ernährung optimieren als Basis
Bevor Sie zu Nahrungsergänzungsmitteln greifen, sollten Sie Ihre Ernährung optimieren. Eisenreiche Lebensmittel wie rotes Fleisch oder Hülsenfrüchte in Kombination mit Vitamin C verbessern die Eisenaufnahme. Fetter Seefisch liefert sowohl Vitamin D als auch B12.
Supplementierung gezielt einsetzen
Bei nachgewiesenem Nährstoffmangel ist eine gezielte Supplementierung oft unumgänglich. Die Dosierung sollte jedoch immer individuell angepasst werden. Vitamin D wird in Österreich nach den D-A-CH-Referenzwerten mit 800 bis 1000 IE täglich empfohlen. Bei Eisenmangel kann eine kurzfristige höhere Dosierung nötig sein, bei schweren Fällen sogar eine Eiseninfusion.
Ihr Weg zu optimaler Nährstoffversorgung
Bei der nächsten Vorsorgeuntersuchung sollten Sie das Thema Nährstoffmangel aktiv ansprechen. Schildern Sie konkrete Symptome wie anhaltende Müdigkeit, Konzentrationsstörungen oder häufige Infekte.
Nehmen Sie unspezifische Symptome ernst
Anhaltende Müdigkeit, Konzentrationsstörungen oder häufige Infekte können erste Anzeichen eines Nährstoffmangels sein. Lassen Sie sich nicht mit dem Hinweis auf Stress oder das Alter abspeisen – oft steckt ein behandelbarer Nährstoffmangel dahinter.
Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungensind ein wertvolles Instrument für Ihre Gesundheit. Mit den richtigen zusätzlichen Laborwerten können Sie Nährstoffmängel frühzeitig erkennen und behandeln, bevor ernsthafte Beschwerden auftreten. Nutzen Sie diese Chance für Ihre Gesundheit – Ihr Körper wird es Ihnen mit mehr Energie und Wohlbefinden danken.
Vereinbaren Sie noch heute Ihren Termin für eine umfassende Vorsorgeuntersuchung und sprechen Sie gezielt das Thema Nährstoffmangel an!
Quellen:
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www.eisencheck.at
www.gesundheitskasse.at/cdscontent/
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www.gesundheit.gv.at/leben/ernaehrung/vitamine-mineralstoffe/fettloesliche-vitamine/vitamin-d.html
www.vegan.at/inhalt/blutbild-welche-werte-testen-lassen
www.verbraucherzentrale.de/wissen/projekt-klartext-nem/vitamine-und-mineralstoffe-wie-laesst-sich-ein-naehrstoffmangel-feststellen-80117
www.wien.gv.at/gesundheit/beratung-vorsorge/gesundenuntersuchung/ablauf.html
www.zentrum-der-gesundheit.de/news/gesundheit/allgemein-gesundheit/vitamin-b12-mangel-und-folsaeuremangel-180704058
aerztezeitung.at/wp-content/uploads/2021/09/DFP_Eisenmangel.pdf
www.rki.de/SiteGlobals/Forms/Suche/Expertensuche/Servicesuche_Formular.html
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pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC5130103/
onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/jppr.1897
www.rosenfluh.ch/arsmedici-2016-19/vitamin-b12-mangel-ein-wichtiger-risikofaktor
www.tcd.ie/news_events/articles/low-folate-linked-to-risk-of-cognitive-decline-in-later-life--new-tilda-study/